"RUHETAG" an der Amalfiküste.
Es kam blöd aus, dass ich ausgerechnet von Samstag Abend bis Montag Morgen in der bisher schönsten Gegend auf dieser Tour bleiben durfte. Zum einen erhöht das die Preise und reduzierte das Angebot, zum anderen lockte das tolle Wetter auch noch viele Wochenend Ausflügler her.
Nach langer Suche und Erhöhung des Budgets habe ich meine Vorstellung von der Unterkunft gefunden: mit eigener Terrasse, Meerblick und nicht viele Höhenmeter dorthin. Es gab teurere Zimmer, die diese Vorstellungen nicht erfüllten.
So gestärkt, konnte ich auf Tour gehen. Ein erneuter Check zeigte immer noch zuviele Höhenmeter bis Positano an. Also "nur" zum Ort Amalfi zum Mittagessen, da ich hier nur Frühstück bekomme. Um 9 Uhr an einem Sonntag waren noch nicht viele unterwegs. So habe ich einige Fotos gemacht und mir die Stellen gemerkt, wo ich auf der Rückfahrt auf der Außenseite noch einmal anhalten wollte.
Nach einer kurzen schnellen Runde habe ich Reißaus genommen. Ich war mit Jan im Oktober und unter der Woche schon einmal dort und hatte Amalfi so noch nicht gesehen.
Zurück zu dem letzten kleinen Ort. Ganz hinten am Strand versteckte sich eine kleine Bar, in der ich auch ein tolles Sandwich aus Körnerbrot mit Tomaten und Käse, natürlich frisch aufgetoastet, als Mittagessen bekam. Aber plus den Kaffee wollten sie Euro 10 haben. Also kein Arrivederci wie bei anderen tollen Gastronomiebetrieben.
Es ist eine gute Idee, gegen 12 Uhr aus der Amalfiküste raus zu fahren. Da strömen die Italiener immer noch rein. Das Licht war auch nicht mehr schön, sodass nur ein Foto entstanden
ist:
Den Rest des Tages habe ich scheinbar alleine auf den Terrassen meines b+b verbracht. Lediglich das Hochladen von Fotos funktionierte nicht so schnell wie gewünscht...
An der Bucht von Salerno entlang bis Agnone
Wer vorher schon einmal etwas von Salerno gehört oder gar dort Urlaub gemacht hat, darf sich gerne bei mir melden. Trotz diverser Reisen ist die Gegend dort ein weißer Fleck auf meiner Landkarte gewesen. Und dann entwickelte es sich zum schönsten Tag bisher, wenn man alles zusammen nimmt.
Alles im Strandbereich war sauber und ordentlich (das ist in anderen Orten nicht immer so), dazwischen Grünanlagen, mein separater Fahrradweg, Bars, alles zum Wohlfühlen. Nach dem Stadtgebiet schloss sich der Strandbereich in der italienischen Fassung an, ein Lido Xx neben Lido Yy, also ein privater Strandbetreiber mit Restaurant, Verleih von Liegen und Sonnenschirmen etc. Danach versperrte mir ein Pinienwald Streifen meist die Sicht auf das Meer, aber die linke Seite blieb auch abwechslungsreich. Der nächste Ort begann mit einem anderen Konzept: freier Zugang zum Meer (= kostenlos) , und ich habe zufällig den ersten ausgewählt, der keine Sackgasse war.
Von Agropoli aus musste ich für die letzten 25 km noch einige Hügel bewältigen.
Von Agnone nach Sapri
Es ist schon ein komisches Gefühl, der einzige Mensch in einer Unterkunft zu sein. Draußen war bis auf die Frau !! von der Straßenreinigung niemand zu sehen. Die Putzfrau kam sogar kurz vor 8 und befreite mein Fahrrad. Die Bar, in der ich eigentlich mein Frühstück bekommen sollte, war noch fest verrammelt. Aber auf der anderen Seite war eine ältere Frau schon damit beschäftigt, ihre Bar für den Ansturm des Tages herzurichten... und sie wollte sogar meinen Kupon nehmen. In das Hörnchen kam wieder Pistaziencreme, der eine Kaffee wurde gegen 2 Tassen schwarzen Tees getauscht (die Übersetzung von eine Kanne Tee ist nämlich immer noch "die Tasse ") , den Cappuccino hinterher, und dann habe ich ihr noch 2 Snickers abgekauft. So gestärkt konnte es auf die harte Etappe gehen: knapp 90 km mit über 1.000 Höhenmetern. Die nicht am Stück, aber steil. Diesmal wollte ich 2 Pausen machen.
In dieser entlegenen Gegend und am frühen Morgen hatte ich die Straße und Landschaft fast für mich alleine. Nach ca. 30 km wurde es spannend: ich wusste schon aus google maps von der Straßen Sperrung, aber das Schild jetzt erlaubte Polizei und Hilfsorganisationen die Durchfahrt. Also musste die Straße ja doch weiter führen. Daher kurbelte ich mich wieder vom Meer hoch, erreichte den Ort davor und fragte einen Einheimischen, ob ich mit meinem Fahrrad dort weiter fahren könnte. Er meinte ja, aber es wäre sehr steil, vielleicht müsste ich schieben. Okay, aber ich habe ja ein e-bike 😉. Einige km, Kurven und Höhenmeter konnte ich auf der anderen Talseite sehen, was mich erwartete: tatsächlich eine extreme Steigung in Falllinie.
Hinter der Steigung war die Straße durch Erdrutsche teilweise kaputt gegangen, einmal gerade noch eine Autospur breit. Nach den zweiten Betonblöcken ging das Leben intensiv weiter, mit Straßenbeleuchtung, Tankstelle, Hotels etc.
Beim Start zur 2. Hälfte hatte ich noch 56 % Akku für 40 km übrig. Und am Ende erwartete mich ja noch ein Anstieg.... Von dem Adlerhorst ging es erstmal abwärts, die Relation verbesserte sich ständig, daher ließ ich mich auf eine "Zitterpartie" ein, also kein Ladestopp.
Nicht weit entfernt war mein Weg am Meer entlang zuende und ich musste ins Inland abbiegen. Die Landschaft änderte sich unerwartet, die Berge wurden felsig und vegetationslos, dann kamen sie immer enger zusammen. Nach dem 3. Tunnel ging es um eine Kurve herum in eine Schlucht.
Zu meiner Belohnung gab's eine Cola und ein Snickers und eine Buchung in Sapri mit Meerblick. Und noch einen kleinen Umweg über die Landstraße, um auf gutem Untergrund und nicht zu steil vom Bergrücken ans Meer zu kommen. Aber ich war so müde, dass ich nachher auch in der Ebene in der 2. Stufe gefahren bin. Es waren ja noch ein paar % Akku übrig. Am Ende 21 %.
Sapri bis Maratea.
Diesen Abschnitt haben wir auf unserer Motorradtour entdeckt. Die Straße führt an einer Steilküste entlang und ist nach unserer Meinung der schönste Abschnitt an der südlichen Küste. Ich musste nur etwas mit dem Aufbruch warten, bis die Sonne wieder darauf fiel. Pasquale, der rüstige Betreiber des B+B, half mir beim Warten und bereitete mir eigenhändig das italienische Frühstück. Und dabei wurde natürlich gequatscht. So ein Familienanhang kann ganz schön zeitraubend sein....
Also war es schon 9:30 h, als es endlich losging. Meine Fahrtrichtung nach Süden hat den Vorteil, dass ich immer Außenkurve fahre und ggfls. sofort tief runter ins Meer schauen kann, aber den Nachteil, dass ich vor allem morgens ins Gegenlicht schaue und bis nachmittags meist schon angekommen bin.
Dann kam ich in Maratea an, das ist der Ort mit einer Christus Statue auf dem Berg darüber wie in Rio. Und da stand ein Schild mit: Straße gesperrt in 7,5 km. Aber keine Umleitungsanweisung. Komoot kannte die Stelle und hat eine Umleitung außen um die Felsnase herum gelegt, "auf losem Untergrund". Auch Pasquale wusste davon. Nach den Erfahrungen von gestern ließ ich es also darauf ankommen und fuhr weiter....bis mich kurz vor dieser Stelle ein Auto der Straßenbehörde A.N.A.S. zum Umdrehen zwang. Die Autos zwar auch, aber die haben es ja einfacher. Auch der Weg außen herum sei geschlossen, da zu gefährlich. Ich solle etwas machen, das nach Trekking klang. Mit dem Fahrrad ??? Erst als ich meine kleine Landkarte wieder kleiner zog, tauchte oben im Gebirge ein Ort namens Trecchina auf, Aussprache mit kk. Also von dieser Stelle bis zum nächsten Ort hinter der Sperrung waren es 1,2 km. Nachdem ich Trecchina als erforderlichen Wegpunkt eingefügt hatte, waren es 34 km und weitere 800 Höhenmeter, höchster Punkt 600 m........
Ich hatte bereits 400 Höhenmeter hinter mir, und ich fühlte mich sowieso so schlapp. Wahrscheinlich hatte ich gestern nicht genügend Getränke und Kalorien nach dem extremen Tag nachgefüllt. Also zurück nach Maratea und ein Restaurant gesucht. Jetzt zahlte es sich aus, dass ich später gestartet war. Ich entschied mich für ein einfaches Restaurant im "centro storico ", das um 12 Uhr schon geöffnet haben sollte. Das alte Zentrum hatte ich nämlich auch noch nicht gesehen. Die Schlangenlinien auf Google maps wusste ich schon richtig zu interpretieren, aber ich hatte mich ja auch schon entschieden, hier zu bleiben, also noch Reserve im Akku.
Das alte Zentrum lag um den Küstenberg herum, und der steile Anstieg forderte wieder alles von meinem Fahrrad und mir.
Maratea zählt zu den "schönsten Orten Italiens". Das Restaurant, weshalb ich hochgefahren bin, existierte schon lange nicht mehr. Also habe ich es mir in der Trattoria am zentralen Platz gutgehen lassen. Dieser lag schon wieder 300 m über dem Meer, das habe ich nicht mehr aufgegeben und mir ein schönes B+B in der Nachbarschaft gesucht. Wieder mit Meerblick. Mittlerweile war der Himmel zugezogen und für den nächsten Tag Regen angesagt, je nach Quelle 😞. Aber zum Sonnenuntergang lugte die Sonne unter der Wolkendecke hervor.
Übern Berg nach Cetraro Marina
Zum ersten Mal seit langem ist es morgens bewölkt, für den Tag ist hier später Regen angesagt. Also Beeilung. Beim Einpacken sehe ich zum ersten Mal den Kupon fürs Frühstück, damit ist auch der Kaffee geklärt. Die Bar ist schräg gegenüber, aber nicht gemütlich und empfehlenswert wie die Bars bisher.
Von hier aus sind es nur noch 300 Höhenmeter bis zum höchsten Punkt, und ich vermute, dass es eine alte Trasse ist mit mehr Schleifen und weniger Steigung. Jedenfalls bin ich "gemütlich" überwiegend in der zweiten Stufe, erst am Ende in der 3. Stufe den Berg hinauf geradelt. Dabei habe ich die Anzeige für Steigung in meinem Display entdeckt: rauf habe ich max. 6 % gesehen. Oben gab es nicht einmal ein Passschild oder ähnliches, bevor es wieder abwärts ging. Dafür habe ich mir sicherheitshalber noch zusätzlich die Windjacke übergezogen. Die brauchte ich wirklich gegen den Fahrtwind, den 10 %% abwärts produziert.
Jetzt ging es auf breiter, glatter Landstraße mit geringem Gefälle zum Meer. Aber ich war im Geschwindigkeitsrausch: immer wenn der Tacho unter 25 km/h sank, hatte ich das Gefühl, ich bleibe stehen. Wobei Treten nicht viel bewirkte, da das Fahrrad ja schon den Berg runter rollte...
...nach Praia da Mare. Der Badeort zieht sich viele km an der Küste entlang. Ich musste in der häßlichen Unterstadt anfangen. Nur eine Handvoll Strandbars waren noch nicht abgebaut, für die anderen standen nur noch die Nummern.
Den restlichen Tag ging's immer weiter am Meer entlang, langsam wird es schon langweilig. Dann brachte der starke Wind auch Wolken mit, die hinter mir bedrohlich grau waren. Im alten Ortskern von Diamante habe ich nach 62 km endlich etwas zu essen bekommen. Schnell noch weiter nach Süden, dem Regen entfliehen.
Schließlich hatte ich keine Lust mehr und habe ein B+B gebucht, mit Meerblick auf den Yachthafen, nur noch eine halbe Stunde entfernt. Aber die Streckenführung dahin war dann der "krönende Abschluss ": steil rauf zur Landstraße mit 17 % Steigung, und auf der anderen Seite der Felsennase in der gemäßigten Variante aber immer noch mit 15% abwärts. Daraufhin habe ich mir in der Pizzeria am Yachthafen später die erste Pizza dieser Tour bestellt, um die Kalorien aufzufüllen. Zu weiteren Aktivitäten wie einkaufen hatte ich nämlich keine Energie mehr. Der Regen hat übrigens gewartet, bis ich wieder in meiner Unterkunft war, mit schöner überdachter Terrasse und immer noch 20 °C.
Im Prinzip war der Tag als verregnet angesagt, aber doch überwiegend sonnig. Und anstatt am Anfang kam die sportliche Herausforderung am Ende. C'est la vie.
Aber irgendwie hat mir der Tag keinen richtigen Spaß gemacht. Vielleicht gab es zuviel trostlose Strecke an den abgebauten, leeren Stränden vorbei und nachher während der "Siesta".
Die nächsten 80 km bis vor Lamezia Therme
Die junge Besitzerin des B+B war sehr fürsorglich, dass es mir auch wirklich gut geht. Und hat sich mehrfach entschuldigt, dass sie in dieser Woche kein Frühstück anbieten konnte. Was ich ja auch nicht mitgebucht hatte und mich deshalb schon auf mein Müsli freute. Aber dann bestand sie darauf, dass sie mich zur nächsten Bar führte. Die hatte ich schon in Google maps rausgesucht. Sie also in ihrem kleinen Auto langsam vorne weg, und ich mit meinem Fahrrad in Fullspead hinterher. Nach kurzer Unterhaltung ist sie zu ihrem nächsten Termin wieder aufgebrochen und hat hinter meinem Rücken das italienische Frühstück bezahlt. Da konnte ich nur noch eine Dankeschön WhatsApp schreiben...
Jetzt immer weiter am Meer entlang nach Süden.
Langsam hatte ich Hunger, ich sag nur italienisches Frühstück, und es war schon 12 Uhr. Ich habe den ganzen langen Ort Torremezzo di Falconara nach einer geöffneten Bar abgeklappert, auch in einem Lebensmittelgeschäft habe ich nichts Vernünftiges bekommen. Gerade als ich aufgegeben hatte und kurz vor der Landstraße SS 18 war, gab es auf einmal ein kleines Ortszentrum mit einem kleinen Restaurant. Und da habe ich überraschend gute Pasta bekommen.
Mittlerweile ist die drohende Regenwolke weiter gezogen und es kam ein richtig schöner Abschnitt.
Endspurt nach Tropea
Über Nacht hatte es geregnet, und im Norden stand die nächste Regenwand. Die erreichte mich dann während meines Frühstücks, sodass ich fluchtartig meinen schönen Balkonplatz verlassen musste. Bis ich alles ganz langsam gepackt hatte, hatte der Schauer aufgehört, und ich konnte starten. Zum ersten Mal wieder in den festen Goretex Schuhen, alleine schon gegen das Spritzwasser von unten; das Regenzeug ganz oben in der Kleidertasche und alles möglichst regenfest gedreht.
Draußen war es trübe und grau. Der tolle Weg weiter direkt am Meer entlang endete auch bald, aber es blieb grün. Dann kam die Abkürzung durch die Ebene um den Flughafen herum. Und ich sah eine Lufthansa Maschine im Landeanflug herein schweben, kurze Zeit später freier Blick auf das Abfertigungsgebäude: da standen noch Flugzeuge von TUI, Ryanair, Baltic Air und die Lufthansa. Aha, so kommt man also hierhin 😉. Aber selbst ich Tochter eines Lufthanseaten hatte noch nie vom internationalen Flughafen Lamezia Therme gehört oder auf Anzeigetafeln gesehen. Dafür bin ich allerdings bisher nur 2x als Pauschaltouristin unterwegs gewesen..... Samstag Vormittag war eindeutig Abreisezeit, ich habe in der kurzen Zeit 3 Starts miterlebt.
Dann kam von rechts vom Meer wieder so eine dunkle Wand. An geeigneter Stelle schon mal Regenjacke und Helmschutz übergezogen und ab jetzt alles nach Regenschutz abgescannt. Am nächsten Kreisverkehr die Entscheidung: nach links zu einem 2 km entfernten Ort oder weiter geradeaus 14 km bis Pizzo?? 100 m weiter habe ich meine Entscheidung in den ersten Tropfen revidiert: zurück zu dem unbekannten Ort oder einer Bar.
Am Ortseingang gab es keine Bar, dafür einen Supermarkt. Auch gut. Oder auch nicht. Es gab kein Café und immer noch kein Snickers (mein Powerpack), also nur einen Ersatz und Kekse gekauft. Im Ausgang standen noch die letzten 2 Plastikstühle des Sommers zum Verkauf, die habe ich genutzt. Und dann fällt mein Blick auf so einen komischen Automaten, und Mithilfe einer Angestellten bekomme ich tatsächlich daraus (italienischen !) Kaffee (also einen Fingerhut voll incl. Zucker und Rührstäbchen aus Plastik). Ich habe schon schlechteren getrunken.
Ca. eine halbe Stunde später geht es weiter, ich traue mich sogar, die Regenjacke auszulassen und mit Jans Reservegurt auf die Packtaschen zu schnüren.
Der alte Ort Pizzo ist auch bald erreicht. Zuerst die dominierende Kirche, in deren Umgebung interessante Bilder an den Mauern aufgemalt sind.