Auf dem Weg nach Rom

Unser Tesla brachte uns brav durch die ersten Schneeregen Schauern dieses Jahres in den Alpen. Da geht frau doch gerne auf Fahrradtour im hoffentlich wärmeren Italien. 


Bei Mantua nutzten wir die Ladezeit, um mein Fahrrad und das kleine Gepäck abfahrbereit zu machen. Und dann trennten sich unsere Wege. 


Ich befand mich zwar ganz in der Nähe des Eurovelos 7 nach Rom,  aber ich hatte meine Tour erst einmal am Po entlang gelegt. Der Fluss fließt breit und behäbig Richtung Venedig. Was mich mehr faszinierte: ich konnte im Süden die Berge des Appenin sehen und im Norden bis zuletzt die Alpen  😀.




Noch stehen die 2 roten zusammen
Noch stehen die 2 roten zusammen
Noch auf der nördlichen Seite des Po mit Blick auf den Appenin.
Noch auf der nördlichen Seite des Po mit Blick auf den Appenin.
Nicht ganz so weit entfernt,  dafür mit weißer Haube: die Alpen.
Nicht ganz so weit entfernt, dafür mit weißer Haube: die Alpen.

Vom Damm aus konnte man schön ins Land sehen,  kleine Weiler und unterschiedliche Felder.  Natürlich habe ich eher versucht,  den morbiden Charme der Vergangenheit zu finden.  Z.B. so:

Die alten Pumpenhäuser, um das Wasser gerecht in die Ebene zu verteilen.
Die alten Pumpenhäuser, um das Wasser gerecht in die Ebene zu verteilen.
Einer der vielen zerfallenden Gutshof, an der Seite ist noch die luftdurchlässige Bauweise der Scheune zu sehen.
Einer der vielen zerfallenden Gutshof, an der Seite ist noch die luftdurchlässige Bauweise der Scheune zu sehen.

Irgendwann musste ich nach Süden abdrehen, Richtung Bologna. Und nach wenigen km traf ich unerwartet auf einen Fahrradweg. 

In dieser Qualität ging es fast durchgehend bis an mein Ziel. Aber auch fast immer geradeaus und an der Bahn entlang,  da wohl auf dem alten Bahndamm.  Nach dem nächsten Ort traf auch der Eurovelo 7 auf diese Piste.
In dieser Qualität ging es fast durchgehend bis an mein Ziel. Aber auch fast immer geradeaus und an der Bahn entlang, da wohl auf dem alten Bahndamm. Nach dem nächsten Ort traf auch der Eurovelo 7 auf diese Piste.

Gegen 14 Uhr bin ich im ersten größeren Ort angekommen, San Felice sul Panaro, in tiefem Mittagsschlaf. In der kleinen Fußgängerzone wurde Pinocchio umgesetzt als lebendige Geschichte. Dann setzte ich mich auf eine Bank mit Blick auf die Burg und überlegte, was ich jetzt wohl in Spanien gemacht hätte?? Schön Mittag gegessen.  Aber hier hatte ich nichts Passendes gesehen. Das nennt man wohl Umstellungsprobleme 😞.

Die Schilder zur Geschichte sind leider nicht erkennbar.
Die Schilder zur Geschichte sind leider nicht erkennbar.
Die Burg würde meinem Enkel sehr gefallen.  Im Moment aber gegen unerwünschte Besucher gesichert.
Die Burg würde meinem Enkel sehr gefallen. Im Moment aber gegen unerwünschte Besucher gesichert.

Weitere ca. 10 km später führte die Strecke mal mitten durch den Ort,  Crevalcore. Auf einmal lag rechts neben mir ein langgestrecktes imposantes Gebäude mit Durchfahrt zum historischen Zentrum. Bestimmt sonst der geschäftige Mittelpunkt,  aber heute abgesperrt für ein 2-tägiges Bierfest. Davon müssen die Bewohner noch so viel intus haben,  dass keiner zu sehen war. So eine verlassene Innenstadt habe ich selten gesehen. 

Der Herzogspalast
Der Herzogspalast

Und dann kam San Giovanni in Persiceto, nach 80 km und gegen 16 Uhr. Da war dann mehr los,  nicht nur eine große Hochzeit,  sondern auch Kindervolleyball und die Begrüßung eines Olympiateams.

Auch mit Eingangstor, mit Kolonnaden und schönen Farben.
Auch mit Eingangstor, mit Kolonnaden und schönen Farben.
Piazzetta Betlemme: Diese Malereien hatte ich im Vorfeld schon gesehen als die größte Attraktion des Ortes. In der Schattenseite gegenüber noch einmal Ähnliches an alten Arbeiterwohnungen. Bisher isoliert oder Details. Und dann kommt man dort live hin und es ist gar nicht so aufregend  😞
Piazzetta Betlemme: Diese Malereien hatte ich im Vorfeld schon gesehen als die größte Attraktion des Ortes. In der Schattenseite gegenüber noch einmal Ähnliches an alten Arbeiterwohnungen. Bisher isoliert oder Details. Und dann kommt man dort live hin und es ist gar nicht so aufregend 😞

Also bin ich ganz entspannt nach 4,5 Stunden Fahrtzeit für die 80 km an meinem Hotel angekommen. Mein Fahrrad meinte das auch: der Akku zeigte immer noch 49 % Ladung an, obwohl ich bei einer windigen Passage in der 2. Stufe gefahren war ( eigentlich hätten vielleicht noch 30 % Rest vorhanden sein sollen). Also war das richtig zum Einfahren,  und ich kann morgen gelassen an den Aufstieg zum Appenin gehen. 

In die Höhe

Schöne Überraschung in meinem kühlen Business Hotel: ein gemütlicher Frühstücksraum mit einem Buffet,  das alles anbot. Aber man wurde von einem freundlichen älteren Herrn bedient. Teekanne und Zuckerdose aus Silber...


An dem Sonntag war viel los: Unmengen von Motorrädern, eine Oldtimer Rallye,  Volks-Lauf. Meine Tour führte mich durch schöne Gegend und auf vielen unerwarteten Fahrradwegen oder abgeteilten Spuren ins Zentrum von Bologna. 



Neue Brücke über kleinen Fluss,  aber die beiden Zugänge sind nicht von Fahrradfahrern konzipiert
Neue Brücke über kleinen Fluss, aber die beiden Zugänge sind nicht von Fahrradfahrern konzipiert
Bologna Zentrum,  ca. 11 Uhr. Abgesperrte Straßen und pralles Leben.  Unmengen von schönen Häusern und Straßen
Bologna Zentrum, ca. 11 Uhr. Abgesperrte Straßen und pralles Leben. Unmengen von schönen Häusern und Straßen
Tolle Straßenband,  aber keine Ahnung,  wie  der schöne Palast dahinter heißt
Tolle Straßenband, aber keine Ahnung, wie der schöne Palast dahinter heißt
Einer der beiden Wohntürme von Bologna,  leider keine Zeit für einen Kaffee darunter
Einer der beiden Wohntürme von Bologna, leider keine Zeit für einen Kaffee darunter
In der Mitte zwischen den Autos,  wie in Spanien
In der Mitte zwischen den Autos, wie in Spanien

Resümee zu Bologna: da muss ich unbedingt noch einmal hin mit mehr Zeit, da gibt es noch viel zu entdecken,  grüne Ecken und viele Radwege  😀.

Jetzt aber los zu meiner ersten Herausforderung: Über den Appenin ins Arnotal und Florenz. Daran habe ich lange geknobelt,  weil die meisten Vorschläge steil nach Pistoia runter führen. Schließlich habe ich mich für die östlichste Strecke über Monghidoro entschieden und dann auch die Route abwärts weg von der Autobahn und viel befahrenen Straßen.  Oben in Monghidoro konnte ich nur 3 Einträge in booking finden: nichts im Zentrum, 2 weiter weg und einen an der Straße weiter Richtung Süden. Den also gebucht,  noch zuhause. 


Von Bologna waren es nur noch 40 km für 800 Höhenmeter.  Die Ausfallstraße zog gemächlich an,  mit aufgemaltem Fahrradstreifen. Dann automatisch in das Nebental, weil ich die steile Rampe für die Hauptstrecke sowieso nicht genommen hätte. An einem Straßenkreuz erwartete ich eine Gastronomie: ja, hierhin waren wohl alle Autos gefahren,  die mich überholt hatten 😀. 

Ein Ausflugslokal im Sonntagsmodus. Hinter mir die Grillanlage und Spielplätze, nicht zu hören der Geräuschpegel.  Eigentlich wollte ich hier gegen 14 Uhr Mittag essen,  aber es ist bei einem Kaffee und Müsliriegel geblieben.
Ein Ausflugslokal im Sonntagsmodus. Hinter mir die Grillanlage und Spielplätze, nicht zu hören der Geräuschpegel. Eigentlich wollte ich hier gegen 14 Uhr Mittag essen, aber es ist bei einem Kaffee und Müsliriegel geblieben.

Jetzt wurde es spannend: Komoot hatte mir eine Nebenstrecke vorgeschlagen. Vielleicht war die ja schöner... 2 km weiter waren es nur noch 15 km und 400 Höhenmeter Rest, es ging nach links ab: und als erstes steil fast in Falllinie rauf, sodass das Fahrrad und ich trotz höchster Unterstützung kurz vor der Kurve nur noch 10 km/h schafften. Danach ging es etwas flacher weiter,  sodass man es fahren nennen konnte.  Der Untergrund war miserabel,  mit Längs- oder Querrillen, Schlaglöchern und Auswaschungen. Fahrradfahrer habe ich keine getroffen,  aber Autos im Gegenverkehr. 

Warum kommen Steigungen auf den Fotos so schlecht raus?
Warum kommen Steigungen auf den Fotos so schlecht raus?
Nachdem ich zwischendurch etliche Höhenmeter verloren hatte,  konnte ich hier das Ziel oben auf dem Berg ahnen.
Nachdem ich zwischendurch etliche Höhenmeter verloren hatte, konnte ich hier das Ziel oben auf dem Berg ahnen.

Bestimmt wäre es viel leichter gewesen,  die Steigung auf der normalen Autostraße zu bewältigen. Im alten Ortskern von Monghidoro gab es nur ein  geöffnetes Café. Aber an der Straße zum Pass war ein Imbiss, der mir sein letztes herzhaftes Sandwich mit Hühnchen verkaufte (mein Mittag- und Abendessen), und dann sollte wenige Meter weiter mein Quartier sein.  Sollte.... da war nichts. Keine Nr. 33 wie angegeben. Kein Kontakt per Telefon möglich.  Die Bewohner dort wussten auch von nichts. Also in den sauren Apfel beißen und mit den verbliebenen 24 % Akku den Berg wieder rauf ins Zentrum von Monghidoro und zu dem Hotel dort. Und wahrscheinlich doppelt bezahlen.  Vor dem großen,  neuen Hotel war alles ruhig. Erst per Telefon antwortete mir ein älterer Herr und bot mir das Einzelzimmer für 55 Euro an,  obwohl er meine Situation kannte. Außerdem schenkte er mir unaufgefordert eine Flasche Wasser. Ich hatte den Eindruck,  dass ich der einzige Gast in dieser Nacht war. 

Von Monghidoro aus kann man bis zu den Alpen sehen,  die weißen Flecken sind die schneebedeckten Gipfel. Beweis: Jan konnte von einem Platz über dem Gardasee bis zum Appenin sehen.
Von Monghidoro aus kann man bis zu den Alpen sehen, die weißen Flecken sind die schneebedeckten Gipfel. Beweis: Jan konnte von einem Platz über dem Gardasee bis zum Appenin sehen.
Vielleicht das Schönste in Monghidoro: der Innenhof des alten Klosters, mit dem es wahrscheinlich in dieser gottverlassenen Gegend angefangen hat.
Vielleicht das Schönste in Monghidoro: der Innenhof des alten Klosters, mit dem es wahrscheinlich in dieser gottverlassenen Gegend angefangen hat.

Die nächste Katastrophe bahnte sich an,  als ich eine Unterkunft für 2 Nächte in Florenz suchte. Ein Bett im Damenschlafsaal,  nur 2,5 km Luftlinie vom Zentrum entfernt,  für 200 Euro: nein danke. Campinghütte mit schlechter Bewertung 200 Euro.  Im Bereich 260 Euro wurden mir 2 Angebote weggeschnappt,  bevor ich sie zuende erfasst hatte. Also nein,  soviel ist mir Florenz nicht wert. Also auf 1 Nacht reduziert,  und dann gab es ein Hotelzimmer im Zentrum für 137 Euro. Soviel hatte ich noch nie für ein Einzelzimmer ausgegeben.


Nur mit Hotelausstattung unterwegs dauert Packen nie lange. So startete ich schon um 8:45 h zum nächsten Abenteuer: über 3 Pässe und insgesamt 860 m rauf sowie insgesamt 1.600 m abwärts. Ein kurzer Fotostop noch an der ominösen Stelle der nicht vorhandenen Unterkunft und rauf zum 1. Pass. Mittlerweile brauche ich die Anzeigen vom Fahrrad nicht mehr,  um rechtzeitig hoch zu schalten. Und auch die Warnung, dass ich mit dieser Stufe nicht am Ziel ankommen werde,  lassen mich kalt. Im schlimmsten Fall lade ich eben bei einer Pause nach. 



Passo della Raticosa, 968 m hoch, Blick nach Norden,  Schilder wie immer überklebt. Danach ging es mit 13 % abwärts .
Passo della Raticosa, 968 m hoch, Blick nach Norden, Schilder wie immer überklebt. Danach ging es mit 13 % abwärts .

Natürlich waren nicht viele Autos unterwegs, dadurch konnte ich auch schon mal die Kurve besser ausfahren. Aber frisch war es,  15 °C und Fahrtwind.  Den nächsten Pass, den Futa mit 908 m, habe ich nur am Schild erkannt. Kein starker Anstieg,  kein Parkplatz,  Passgasthaus erst auf der anderen Seite etwas tiefer. 


Nun ging es in sanften Kehren abwärts,  wo ich nicht dauernd stark auf der Bremse stehen musste,  so wie nach Madrid runter.  Also bis ca. 50 km/h.


Als die SS 65 in belebtere Gegend führte,  bin ich auf die SS 39 abgebogen.  Und dann auf die schönste und längste Zypressenallee gestoßen, wie man sie bei Siena sucht und nicht findet. 

Erst einmal mit Landschaft außenrum
Erst einmal mit Landschaft außenrum
Bestimmt 3 km lang.
Bestimmt 3 km lang.
Und nach dem letzten Höhenzug war auch der Blick frei auf Florenz.
Und nach dem letzten Höhenzug war auch der Blick frei auf Florenz.

So war ich um 13:30 h an meinem Hotel,  konnte aber erst in einer Stunde einchecken.  So bin ich Richtung Dom weiter gefahren. So viele Touristen sind mir schon lange nicht mehr begegnet,  auch wenn ich selbst auch eine bin. Das erklärt vielleicht die Hotelpreise.  Florenz ist im alten Stadtzentrum praktisch autofrei,  bis auf Busse, Reinigungsmaschinen und den Autos,  die eine Sondergenehmigung erhalten haben. Fahrräder dürfen natürlich gegen die Einbahnstraßen fahren. Na also, es geht, warum nicht in noch mehr Städten ?? Ich kann mich sogar daran erinnern,  vor über 30 Jahren bei unserem ersten Besuch in Florenz im größten Verkehrsgetümmel am Dom vorbei gefahren zu sein. Die schwarzen Steinplatten heute sind rund und uneben,  als wären sie schon mindestens 500 Jahre alt. 


Was mir diesmal am meisten gefallen hat: der Turm:

Die 3 verschiedenen Marmorfarben kommen auf dem Foto gar nicht so richtig raus.  Auch nicht die vielen Details dieses schlanken Turms.
Die 3 verschiedenen Marmorfarben kommen auf dem Foto gar nicht so richtig raus. Auch nicht die vielen Details dieses schlanken Turms.

Um den Dom herum standen sie in einer breiten Schlange zum Eingang.  Vom Eintrittsgeld für alle interessanten Gebäude mal ganz zu schweigen. Was mich aber irritierte: außer den besonderen Palästen schien die Bausubstanz viel jünger zu sein. Viele Häuser erinnerten mich an die schweizer Häuser, während in Bologna und Siena ganz viele Häuser in Stein,  mit Bogenverzierungen etc. erhalten sind. 


Ich war froh,  als ich mein Fahrrad abgeben konnte,  das ich in diesem Getümmel nicht gebrauchen konnte.  Frisch geduscht und in Stadtkleidung ging's auf die 2. Runde. 

Ganz ohne Info alleine entdeckt: die alte Markthalle.  Unten ist vormittags der übliche Markt,  oben komplett Erlebnis-Gastronomie in schönerAtmosphäre.
Ganz ohne Info alleine entdeckt: die alte Markthalle. Unten ist vormittags der übliche Markt, oben komplett Erlebnis-Gastronomie in schönerAtmosphäre.
Die klassischen Fotos von der Ponte Vecchio kennt jeder. Dies ist mein bestes Beispiel für den Blick durch ein Juweliergeschäft auf den Arno. Ich habe wohl nur einen einzigen Geschäftsabschluss mitbekommen. Wovon existieren die also?
Die klassischen Fotos von der Ponte Vecchio kennt jeder. Dies ist mein bestes Beispiel für den Blick durch ein Juweliergeschäft auf den Arno. Ich habe wohl nur einen einzigen Geschäftsabschluss mitbekommen. Wovon existieren die also?
Das alte Rathaus fand ich auch problemlos. Davor fand gerade eine Art Gedenkmesse für die Ukraine statt,  aber mit 2 christlichen Priestern neben einer Ambulanz,  wo die Frontscheibe eingeschlagen war und ganz viele Kuscheltiere auf dem Boden.
Das alte Rathaus fand ich auch problemlos. Davor fand gerade eine Art Gedenkmesse für die Ukraine statt, aber mit 2 christlichen Priestern neben einer Ambulanz, wo die Frontscheibe eingeschlagen war und ganz viele Kuscheltiere auf dem Boden.

Kurz vor meinem Hotel habe ich eine Art Bistro gefunden,  wo ich draußen zu vernünftigen Preisen Abendessen konnte. 


Für mich hat der halbe Tag Florenz gereicht. 







Auf nach Arezzo


Wie immer ist es etwas schwierig,  aus einer Stadt heraus zu kommen. Nicht nur die einströmenden Touristengruppen,  sondern auch Baustellen führten zu Umwegen. 


In einem alten Fahrrad-Führer war die Tour von Arezzo aus beschrieben,  oben über dem Arnotal und mit der Warnung,  dass es anders herum einen steilen Anstieg nach Regello gibt. In Komoot also wieder 900 m Steigung bei 90 km Weg.  Es war schon grau und sollte spätestens am Nachmittag regnen. 

Einbahnstraßen hinter Florenz,  das letzte Auto hat sich gerade so an mir vorbei gequetscht.
Einbahnstraßen hinter Florenz, das letzte Auto hat sich gerade so an mir vorbei gequetscht.

Irgendwie war ich müde und hatte keine Lust mehr auf Anstiege. Schon gar nicht auf die Falllinie,  die nach Regello raufführte. Außerdem hingen da die Regenwolken. Also bin ich die Landstraße nach Arezzo weitergefahren, die SP 1. Was mich aber nicht vor Steigungen schützte. Und dann war ich auf einmal auf dem alten Höhenweg Setteponti (7 Brücken).....und vorbei an alten Orten,  Oliven und Wein. 


Heute brauchte ich zum ersten Mal nach den bekannten 40 km dringend etwas zum Essen. Nach dem Motto "Essen hält Leib und Seele zusammen". Kurz danach sah ich hinter einer Tankstelle eine Bar. Und nach einem Blick auf die Tageskarte wurde aus einer Kleinigkeit ein Mittagessen mit Cola und Kaffee,  alles zusammen für 11,20 Euro. Und die Frau strahlte mich an, als sie auch noch ein kleines Trinkgeld bekam. 

Einfahrt nach Castelfranco Piandisco,  eines der "schönsten Dörfer Italiens"
Einfahrt nach Castelfranco Piandisco, eines der "schönsten Dörfer Italiens"
Grüne Umgebung
Grüne Umgebung
Certignano, mit den darüber drohenden Regenwolken
Certignano, mit den darüber drohenden Regenwolken

Bei der langen Strecke,  den Steigungen und dem Gegenwind auf den letzten 20 km ging natürlich der Akku in die Knie.  Aber solange das Verhältnis trotz 2. Stufe bei 1 km : 2 % Akku blieb,  waren auch die letzten 5 % abgesichert. Rest am Ende 18 %.

Um eine Kurve herum, und dann war Arezzo zu sehen. Noch ca. 12 km
Um eine Kurve herum, und dann war Arezzo zu sehen. Noch ca. 12 km
Die Fahrroute zu meiner Unterkunft war schon sight-seeing durch die Altstadt und führte über den großen Platz, der so schief ist.
Die Fahrroute zu meiner Unterkunft war schon sight-seeing durch die Altstadt und führte über den großen Platz, der so schief ist.
Bis ich geduscht hatte, war es nach 19 Uhr und es regnete. In den Gassen war keiner bis nur wenige unterwegs,  irgendwie deprimierend.
Bis ich geduscht hatte, war es nach 19 Uhr und es regnete. In den Gassen war keiner bis nur wenige unterwegs, irgendwie deprimierend.
Mein erstes eigenes Frühstück in dem Apartment für nur 37 Euro,  das ganz oben schmal von der einen Hausseite zur anderen durchzog.
Mein erstes eigenes Frühstück in dem Apartment für nur 37 Euro, das ganz oben schmal von der einen Hausseite zur anderen durchzog.

Für den heutigen Tag hatte ich 2 Optionen: entweder eine Gewalttour mit 109 km und ca. 500 Höhenmeter bis Orvieto oder nach 60 km in Chiusi Schluss machen. 


Die erste Schwierigkeit zeigte sich schon nach 3 km, als mein Blick auf die Ladeanzeige fiel: nur 85 %. Warum??? Das bedeutet auf jeden Fall nachladen.  Die 2. tauchte unauffällig auf: das Routing entsprach nicht meiner aufwändig gebauten Tour.  Denn Komoot wollte mich natürlich so viel wie möglich auf dem klassischen Fahrradweg durch das Tal navigieren,  nämlich auf der "via Bonifica", auf einem Damm, ungeteert und immer geradeaus. Das kostet Energie, Zeit und ist langweilig. Also hatte ich viele Wegpunkte gesetzt,  um "meinen " Weg zu nehmen.  Um es vorweg zu nehmen, damit konnte das Bosch-Navi die Route nicht mehr verarbeiten und hat sich eine eigene ausgedacht. Das hat Jan aber erst 2 Tage später heraus gefunden. Auch eine Änderung auf dem PC kann beim Synchronisieren nicht mehr verarbeitet werden. Auch das hatte ich gemacht. Daher ärgerte ich mich den ganzen Tag über die Navigation und kontrollierte schließlich an fast jeder Kreuzung in meinem Handy, wohin es gehen sollte. 

So sah der Untergrund meistens aus,  hier mal weiter Blick ins Tal
So sah der Untergrund meistens aus, hier mal weiter Blick ins Tal
Dort bin ich nur unten entlang gefahren auf einem Ausflug auf die Straße.
Dort bin ich nur unten entlang gefahren auf einem Ausflug auf die Straße.
Bilderbuch Toskana,  als ich später auf die perfekt asphaltierte Nebenstraße zurück gefunden hatte.
Bilderbuch Toskana, als ich später auf die perfekt asphaltierte Nebenstraße zurück gefunden hatte.

Die Entscheidung wurde mir dann kurz vor Chiusi abgenommen: links vor mir sah ich schon die Regenschleier, ich wollte die verschwitzten Klamotten waschen und den Bericht nacherfassen, also schnell ein Zimmer gebucht. Natürlich hat mich der Regen noch erwischt. Und dann setzte der Motor kurz aus,  so wie damals als der Akku leer war,  4 km vor dem Ziel und vor einer Steigung. Die Schiebehilfe funktionierte aber erstaunlicherweise,  und danach ging es nur noch abwärts und ich habe auch danach keine Probleme mehr gehabt. Schrecksekunde.


Das Zimmer war noch nicht fertig,  also bin ich zur empfohlenen Bar, die auch warmes Mittagessen anbot. Perfekt.  Meine Wäsche war auch am nächsten Morgen noch nicht trocken  😞.



Nächster Tag bis Montefiascone 


Jetzt war ich aus der vorgefertigten Planung heraus gefallen. 40 km bis Orvieto,  danach noch 30 km bis zum Bolsenasee oder weiter bis Viterbo.... Zumindest schien die Sonne wieder. 


Und natürlich wieder der Kampf mit der Navigation. Eine Gabelung habe ich überhaupt nicht gesehen,  da hätte ich rechts vermutlich auf einen Feldweg zur "via Bonifica" fahren sollen.  Die ersten Höhenmeter machten mir noch nichts aus. Aber dann wurde klar,  es geht den Berg hoch zu dem Ort,  den ich vorhin noch vermeiden wollte 😞.

Ficulle, ein schöner alter Ort. Blick zurück,  denn es ging noch weiter aufwärts.
Ficulle, ein schöner alter Ort. Blick zurück, denn es ging noch weiter aufwärts.

Entgegen meiner Erwartung ging es aber nicht abwärts,  sondern weiter aufwärts auf der SS 71 nach Orvieto.  Sogar mein Fahrrad Navi bot mir diverse Abkürzungen nach unten an.....

Nach 150 m endete der Asphalt am letzten Haus.  Auf dem Schotterweg mit 15 % abwärts: nein danke  (das Warnschild wird vom Strauch verdeckt)
Nach 150 m endete der Asphalt am letzten Haus. Auf dem Schotterweg mit 15 % abwärts: nein danke (das Warnschild wird vom Strauch verdeckt)

Auch 2 weitere Angebote habe ich dann dankend abgelehnt,  gemäß der Erfahrung von Sonntag auf dem Schotterweg nach Monghidoro. Und dann bin ich nach weiteren 250 Höhenmeter in schönen weiten Kurven auf neuem Asphalt ins Tal zurück gefahren.  Es muss ja einen Grund geben,  warum die alte Straße nach Orvieto über genau diesen Höhenrücken führt. 




An der Ringstraße um den Bergklotz von Orvieto herum gab es wieder eine Tankstelle mit Bar, aber leider war der Blick hoch dann doch verstellt. Nach 45 km war etwas Herzhaftes angesagt und Planung für den restlichen Tag. Ich habe mich dann für die kurze Variante nach Montefiascone über dem Bolsenasee entschieden,  um die Etappe an den Lago di Bracciano gleichmäßig zu verteilen,  sowie ein günstiges Zimmer in einem Gasthof gebucht. 


Und dann das nächste Rätsel gelöst: was ist die via tamburina? Ein ganz gerader Strich als Fahrradweg,  wenn die Autostraße in Kurven nach oben geht. Das kann doch nur Falllinie bedeuten  ?!?. Genau so war es dann.  Noch dazu auf absehbar schlechtem Untergrund.  Aber bei 29 km Rest und 65 % Akku habe ich mich dann für die sportliche Einlage entschieden. 

So sah das nach gut der Hälfte vor einer leichten Kurve aus.
So sah das nach gut der Hälfte vor einer leichten Kurve aus.
Und so am Ende, wo keine Autos mehr fahren durften.
Und so am Ende, wo keine Autos mehr fahren durften.
Schöne Pinienallee vor der drohenden Regenwand
Schöne Pinienallee vor der drohenden Regenwand

Nach dem ersten Pass ging es weiter mehr aufwärts als abwärts,  und zwar immer steil mit größter Unterstützung. Und auch nicht abwärts zum Ziel,  sondern hoch auf den Bergsporn und dann gar nach oben in der Altstadt. Resultat: ich bin noch nie 1104 Höhenmeter an einem Tag gefahren, der Akku bei 14 % Rest nach 75 km. 


Der Eingang war moderner als erwartet,  aber niemand an der Rezeption. Also bin ich zum ausgewiesenen Dachrestaurant hochgefahren und habe dort meine Buchung vorgezeigt. 

Blick von der Dachterrasse. Es dauerte noch ca. 8 Minuten,  bis der Regen bei uns ankam,  genau die Zeit,  um einen sicheren Platz für das Fahrrad zu finden und meine Sachen zum Zimmer zu bringen.
Blick von der Dachterrasse. Es dauerte noch ca. 8 Minuten, bis der Regen bei uns ankam, genau die Zeit, um einen sicheren Platz für das Fahrrad zu finden und meine Sachen zum Zimmer zu bringen.
3,5 Stunden später, nach dem letzten Schauer, bin ich auf Rundgang unterwegs. Blick vom höchsten Plateau über den Dom Richtung Osten.
3,5 Stunden später, nach dem letzten Schauer, bin ich auf Rundgang unterwegs. Blick vom höchsten Plateau über den Dom Richtung Osten.
In der anderen Richtung auf den Bolsenasee
In der anderen Richtung auf den Bolsenasee
Weil es so schön war,  noch eines
Weil es so schön war, noch eines

Nachdem mich die Preise für 2 Nächte am Lago di Bracciano geschockt hatten,  habe ich dort auf 1 Nacht im Hinterland reduziert und hier eine Nacht dazu gebucht für meinen ersten Ruhetag. Damit kann ich morgen Mittag auf der Dachterrasse essen  😀.

Blick aus meinem Fenster: Warum sind die Farben beim Sonnenuntergang immer intensiver als beim Aufgang??
Blick aus meinem Fenster: Warum sind die Farben beim Sonnenuntergang immer intensiver als beim Aufgang??
Ab hier folge ich wohl der "via Francigena" , dem alten Pilgerweg von England über Frankreich nach Rom. Von hier aus sind es noch exakt 100 km bis Rom. Meine 1. Komoot Route zeigte wieder viele Schotter ab, vermutlich auf dem alten Pilgerweg. Ich habe vor,  damit anzufangen,  aber kann auch auf eine 2. Variante ohne Schotter ausweichen.  Warum mussten die armen Wanderer nur am Ende ihres anstrengenden Tages auf den höchsten Punkt des Ortes zu ihrer Unterkunft hinauf steigen????
Ab hier folge ich wohl der "via Francigena" , dem alten Pilgerweg von England über Frankreich nach Rom. Von hier aus sind es noch exakt 100 km bis Rom. Meine 1. Komoot Route zeigte wieder viele Schotter ab, vermutlich auf dem alten Pilgerweg. Ich habe vor, damit anzufangen, aber kann auch auf eine 2. Variante ohne Schotter ausweichen. Warum mussten die armen Wanderer nur am Ende ihres anstrengenden Tages auf den höchsten Punkt des Ortes zu ihrer Unterkunft hinauf steigen????

Ein paar Gedanken:


Gestern wurden warme Bettdecken in die Zimmer verteilt.  Und die Angestellte meinte,  dass es auch sehr nass wäre dieses Jahr. Ganz mein Eindruck. 


Auch finde ich die Orte (bis auf Florenz) schon sehr tot. Im Gegensatz zu Spanien sind abends auch keine Einheimischen unterwegs. Viele Geschäfte haben für immer geschlossen. Viele Geschäfte mit Bezug zu Touristen sind in Urlaub. 


Und weder Internet noch mobile Daten funktionieren zuverlässig. Manchmal sind die Zimmer wohl zu tief in den engen Straßen versteckt. Den Bericht habe ich in freiliegenden Cafés/Dachterrasse mit meinen mobilen Daten endlich à jour geschafft. 


Weil ich morgens ohne Zeltabbau bzw. früheren Sonnenaufgang meist schon vor 9 Uhr starten kann,  bin ich auch schon am frühen Nachmittag am Ziel. Das entspricht aber ungefähr der gleichen Fahrzeit wie in Spanien,  nur so ungewohnt verschoben. Das passt aber im Moment bestens zu den Regenschauern,  die sich im Laufe des Tages bilden. 



An den Lago di Bracciano 


Der Start vom Adlerhorst ging natürlich steil nach unten in die Ebene Richtung Viterbo,  auf Nebenstrecken, deren Zustand manchmal nicht der beste war.  Da mein Routing immer noch nicht funktionierte, musste ich an vielen Ecken den richtigen Weg auf dem Handy kontrollieren.  Hinter Viterbo führte die kleine Straße häufig steil nach oben und wieder abwärts.  Die Landschaft war zwar abwechslungsreich, aber nicht fotogen. Dann ließ ich mich auf einen Abschnitt auf der Via Francigena ein. Der Schotterweg sah erst einmal ordentlich aus, und es waren tatsächlich auch wenige Wanderer darauf unterwegs,  aber das änderte sich noch. Insofern war ich froh,  als das Routing die nächste Chance ergriff,  mich wieder auf guten Asphalt zurück zu lenken.  Unterwegs hatten mich erst einmal 2 Mountainbiker in einem ausgefahrenen Bereich überholt, aber an der nächsten Steigung habe ich sie mit Motorkraft überholt und nicht wieder gesehen. 



Abschied von Montefiascone.
Abschied von Montefiascone.

Da ich schon früh in meinem Quartier war, bin ich doch neugierig noch einmal aufgebrochen,  um mir Bracciano anzusehen. Und stellte verblüfft fest,  dass auf einmal der Routentransfer von Komoot auf das Nyon stattgefunden hat.  Ich weiß nur nicht, wie und warum. Aber es macht Hoffnung. Die Route für morgen nach Rom rein war schon dabei  😀.


Die Stadt bzw. die Altstadt mit der Festung und den alten Gassen sowie die Atmosphäre dort haben mir sehr gut gefallen. Insofern kann ich verstehen,  dass für das Wochenende höhere Preise verlangt werden. 

Die Burg,  die leider für eine Hochzeit gesperrt war.  Im Vordergrund eine Begräbnisgesellschaft. Die Wenigsten trugen schwarz.
Die Burg, die leider für eine Hochzeit gesperrt war. Im Vordergrund eine Begräbnisgesellschaft. Die Wenigsten trugen schwarz.
Ein Restaurant zwischen Altstadt und Blick auf den See
Ein Restaurant zwischen Altstadt und Blick auf den See
Blick auf den See, am anderen Ende lockt ein weiterer alter Ort.
Blick auf den See, am anderen Ende lockt ein weiterer alter Ort.