Die Strecke nach Rom rein war nicht spektakulär, eine kleine Landstraße ohne viel Verkehr am Sonntag Vormittag. Ich freute mich darüber, dass der Datentransfer vom Handy aufs Navi wieder funktionierte, auch wenn ich nicht wusste, warum und wieso auf einmal. Damit hatte ich wieder eine verlässliche Route vor mir.
Nach einer schönen langen Abfahrt auf breiter Straße Richtung Zentrum führte die Route an den Tiber. Dort war Sport in diversen Disziplinen angesagt. Die Menschen waren zwar ohne Rücksicht auf die Markierungen unterwegs, aber sehr rücksichtsvoll miteinander. Das ist wohl der bessere Weg.
Gegen 11:30 h kam ich schon an meinem gebuchten Hotel an. Aber der Mann an der Rezeption erklärte, dass das Hotel meine Buchung wegen einem Fehler abgelehnt hätte. So billig geben sie Zimmer nicht her, und jetzt ist das Hotel komplett ausgebucht. Das hatte ich auch noch nie. Er bot an, sich nach einem Ersatz umzuhören, und schon der erste Versuch war erfolgreich: das letzte freie Zimmer mit Spezialrabatt für 136 Euro ( anstatt 85 bei ihm). Ich habe sofort akzeptiert und wurde gerade 2 Ecken weiter zu einem schönen alten Stadthaus geschickt. Das Zimmer dort war groß, weil für 3 Leute gedacht, hatte aber Fenster nur in 1,90 Höhe. Es gibt aber Schlechteres. Um es vorweg zu nehmen: ich habe tatsächlich mein Geld von der ersten Buchung zurück erhalten.
Gegen 13 Uhr bin ich dann in Stadtkleidung und nur mit den nötigsten Sachen mit meinem Fahrrad wieder losgezogen. Von den angebotenen Bike-Touren hatte ich mir die Stationen geklaut. Vom Bahnhof Termini aus den Berg runter gelangt man über das Denkmal... ins Zentrum der Menschenmassen auf dem Weg zum Colosseum. Auf einer wie erwartet für Autos gesperrten Straße. Hier wie an vielen Stellen wurde gebaut, teilweise mit Hinweis auf das kommende "heilige Jahr " 2025.
A
Das reichte mir schon an Trubel, also an den Fluss. Ab jetzt habe ich immer Straßennamen ins Navi eingegeben, um irgendwohin geleitet zu werden. So bin ich zur Engelsburg und dem Petersdom gekommen.
Natürlich habe ich für mich auch Bilder von den Sehenswürdigkeiten gemacht, die sind aber alle in besserer Qualität im Internet zu finden.
Letzte Station war die Spanische Treppe, danach hatte ich erstmal keine Lust und Energie mehr und bin zurück in mein Hotel.
Auf dem Rückweg auf dem spanischen Platz (Piazza spagna) springt ein Jugendlicher von vielleicht 15 Jahren hinten auf meinen Gepäckträger und will nicht mehr runter. Ich soll ihn jetzt fahren. Pustekuchen. Als ich das Fahrrad stark kippe, springt er zwar runter, aber ich breche mir auch den Rückspiegel ab. Er geht zurück zu seinen beiden Kumpels und grinst.
Gegen halb 8 konnte ich mich doch noch aufraffen zu einer Abendtour.
Nach Nettuno am Meer
Als internationales B+B und bei dem Preis habe ich zum ersten Mal wieder ein herzhaftes Frühstück bekommen. So gestärkt, ging es als erstes die 2 Blocks zurück zu Davide, um ihm für seine Vermittlung zu danken und auf den versprochenen Caffè. Dann zu dem Fahrradgeschäft, das Montag morgens schon geöffnet hat! Der alte Inhaber muss Rennradprofi gewesen sein und danach sogar ein eigenes Team aufgestellt haben. Spiegel incl. Montage: nur 12 Euro.
Dann auf neuer Route wieder quer über andere Straßen Richtung "via appia antica". Eine andere Art von sight seeing: schöne alte Häuser nicht nur im rausgeputzten Zentrum; für den Durchgangsverkehr blockierte und damit ruhige Straßen, alte Stadtmauern mit Türmen, unerwartete Radspuren. Aber überall waren Touristen mit ihren Köfferchen zu sehen.
In der Komoot Route führte eine ganz gerade Linie nach Südosten aus der Stadt heraus, durch grüne Umgebung, die aber als Kopfsteinpflaster über 9 km gekennzeichnet war. Soll ich mir das antun?? Die eingestellten Kommentare meinten aber: man würde den Atem der alten Zeit spüren und in die Vergangenheit eintauchen; immerhin die erste Autobahn Europas; und es gäbe ja Pfade daneben. Also okay, dann fahre ich auch zur via appia antica.
So ca.4 Asphaltstraßen querten meinen Weg, dann hatte ich genug von der Rumpelei und den letzten Abschnitt ausgelassen. Auf wenig befahrenen Landstraßen ging es Richtung Meer. Dann kam eine Zone mit hochrangigem Gewerbe wie z.B. Procter und Gamble. Daher auch Tankstellen und Bars, mitten in der Pampa außerhalb von Orten, und der Straßenstrich. Gut gebaute junge Frauen in Bikinis 👙 oder ähnlichem. Eine stieg gerade zu einem gut aussehenden jungen Mann ins Auto, der das eigentlich nicht nötig haben sollte. Also hier wollte ich in einer Bar nicht verwechselt werden und musste noch weiter fahren, obwohl ich dringend eine Pause gebraucht hätte. 10 km weiter an einem Ortseingang standen PKWs vor einer Bar. Dort hat mich ein Tramenzino (diese Sandwich-Dreiecke, die nur getoastet genießbar sind), eine Cola und ein Kaffee unglaubliche 4 Euro gekostet. Bin aber trotzdem nicht geblieben 😉.
So ca. 20 km vorm Ende wurde der Gegenwind auf einmal warm. Ich war im Einfluß des Meeres angekommen.
Booking.com hatte schon wieder ein Problem und konnte meine geplante Buchung in Nettuno nicht verarbeiten. Am Ortseingang kam ich automatisch an der Stelle vorbei, weshalb ich die Route dorthin gelegt hatte: der amerikanische Soldatenfriedhof. Durch die Songs der Gruppe "Sabaton" lerne ich viele Details der Kriege kennen; von der Landung bei Anzio und Nettuno hatte ich vorher noch nichts gehört. Dort war "der Tod 6 Fuß tief": das Meer, in dem alleine 4 große Schiffe der Alliierten versenkt worden sind.
Dazu gab es ein kleines Museum mit genau der richtigen Menge an Informationen und Bildern. Eines hat mich geschockt: Mussolini hat Italien innerhalb von 3 Jahren in ein totalitäres Land verwandelt, die Opposition ausgeschaltet, extremen Nationalismus eingeführt und auf Expansion gesetzt. Und jetzt scheint sich alles zu wiederholen: unterwegs habe ich ein Plakat von der Giogia Meloni gesehen, dass Italien Europa verändern wird. Anders als in Deutschland scheint es dort kein "nie wieder" zu geben.
Per Telefon habe ich dann das gewünschte Apartment doch noch bekommen: mit eigener Terrasse im ersten Stock und total gemütlicher Einrichtung incl. Wasserkocher. Gerade als ich überlegte, wen ich denn heute Abend beehren sollte, zuckte der erste Blitz. Damit war entschieden: ich schaue mir das Gewitter von hier an und greife auf meine Reserve zurück, für die ich nur heißes Wasser brauche 😀. Ich liebe Gewitter.
Für heute stand eine Tour mit 94 km an, ohne nennenswerte Steigungen, sollte also machbar sein.
Vor dem Frühstück musste ich noch Bargeld für mein Quartier besorgen. Gegen 8:30 h war unten im Ort high life: die Kleinen in den Kindergarten, Staus in den Einbahnstraßen, alles ohne Gehupe. Ich sah einen schönen Regenbogen als Ausgleich für ein paar Regentropfen.
Nach dem späten Start musste ich mir aber noch ein bisschen mehr von dem schönen alten Ort ansehen.
Dann ging es endlich raus aus dem Ort nach Süden. Rechts von mir ein militärisches Sperrgebiet bis zum Meer, links von mir ein wolkenverhangenes Gebirge und vor mir eine dunkle Regenwolke über buckeliger Straße. Genau das, was ich liebe 😞. Irgendwann versetzte die Straße leicht, und die Regenwolke hing links von mir für den Rest des Tages.
In Lido Latina durfte ich wieder am Meer entlang fahren, ein typisch italienischer Sommerbadeort, der ohne Menschen trostlos ist.
Eigentlich hätte ich hier Schluss machen können, aber es waren noch 26 km bis Gaeta. Dazwischen war ein Ort Sperlonga ausgeschildert. Der sah wunderschön aus, nur keine Fotomöglichkeit von Norden. Mit vielen weißen Häusern und Kirche an ein Kap geklebt. Gehört wohl zu den "schönsten Dörfern Italiens ". Später dann der Blick zurück.
Und nachdem ich festgestellt hatte, dass ich 110 km weit gefahren war, nichts von dem schönen Ort gesehen, 2 Tage im Rückstand mit Schreiben bin und der nächste Tag Regen bringen sollte, habe ich mein schönes Quartier verlängert und einen spontanen Ruhetag eingelegt.
Aufgrund eines Missverständnisses habe ich an der angegebenen Empfehlung keine Paella, sondern Tiella erhalten: die Spezialität von Gaeta, oben und unten ein gebackener Teig und dazwischen eine kompakte Füllung. Es gibt sogar spezielle Gastronomien dafür. Aber dort wurde es eher imbissmäßig angeboten. Alles entsprach nicht meinen Vorstellungen von einem guten Essen nach diesem anstrengenden Tag.
Ruhetag in Gaeta
Draußen standen noch die Pfützen vom Regen in der Nacht. Also den Regenschirm eingepackt und losgezogen. Frühstück sollte es in einer Bar an der Einfallstraße geben. Natürlich genau so wie auf dem Bildchen angegeben: 1 Cappuccino und 1 Hörnchen. Dafür wurde mir angeboten, es zu füllen: mit Pistaziencreme, weißer Schokolade, Nutella.... Wenn schon ungesund, dann richtig: mit weißer Schokolade. Und davon richtig viel.
Dafür hatte ich jetzt Lust auf einen richtig gesunden gemischten Salat, wie ich ihn schon bei Conad gesehen habe. Also weiter zum nächsten kleinen Supermarkt, denn noch regnete es nicht. Dort Fehlanzeige, also weiter Richtung Innenstadt, mittlerweile lugte die Sonne manchmal hervor. Unten fast am Meer angekommen gab es eine geschmückte Gasse, die meine Aufmerksamkeit erregte.
Mittlerweile war es halb 12, und ich hatte immer noch nichts Richtiges gegessen und Hunger. Restaurants waren noch verwaist. Da kam mir jemand mit einem großen Sandwich entgegen, der Alimentari dazu war schnell gefunden. Sie hatten sogar 'pane integrale', leichte Vollkorn-Brötchen :-) . So ist aus eben mal Frühstücken gehen eine 3-Stunden-Tour geworden.
Danach habe ich die Sonne auf meiner Terrasse (war u.a. Argument für dieses Zimmer) genossen und u.a. Bericht geschrieben.
Das Restaurant für's Abendessen hatte ich mir ja schon morgens angesehen: direkt am Meer. Sonnenuntergang ist jetzt schon offiziell kurz vor 19 Uhr, also habe ich nur noch wenig Landschaft gesehen. Dafür dann die Lichter rund um die Bucht, bis ....... im Schutze der Dunkelheit eine Regenwand kam. Die, die es eigentlich den ganzen Tag hätte geben sollen gemäß Vorhersage von gestern. Zwischen 2 Schauern habe ich es geschafft, trocken in mein Zimmer zu kommen. Lediglich der Helm muss bis morgen früh noch trocknen.
Nach Pozzuoli bei Neapel
Gemäß Routing soll ich die 85 km schon um 13 Uhr geschafft haben. Aber nur mit einem Hörnchen im Bauch ist das nicht so einfach. Ich glaube, ich werde zukünftig auf die italienischen Frühstücke verzichten.
Anfangs ging es durch schöne gewachsene Orte.
Und dann immer geradeaus. Geradeaus als ich von einer kleinen Anhöhe aus die Landstraße ganz gerade am Horizont im Dunst verschwinden sah und schon innerlich aufstöhnte, bekam ich einen Abbiegepfeil angezeigt. Es ging ans Meer.
Und dann kam der übelste Abschnitt: durch den langgestreckten neu gebauten Badeort Baia Domizia. Alles verrammelt, die meisten Häuser herunter gekommen, einige hätte ich für unbewohnbar gehalten. Und bis zum Ende habe ich keine 10 Leute gesehen. Das Ende: scheinbar in einer Sackgasse, aber Komoot kannte einen Steg über einen Kanal. Wenig später Ähnliches: nur wenige 100 m bis zur Landstraße über grünen Untergrund oder km weit zurück. Also vorwärts...
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Auf nach Neapel
Der Morgen begann zum ersten Mal wieder mit Müsli-Frühstück. Und über 20 °C, sodass ich das erste Mal von Anfang an in kurzer Hose und ohne Jacke losfahren konnte.
Erst ging es immer an der Steilküste entlang, mit schönen Hibiskus Bäumen gesäumt. Dann fing unvermittelt Neapel an, mit einem alten Industriegebiet. Dazu gehörte auch eine sehr lange Mole in die Bucht hinaus, die ich aber nicht passend fotografieren konnte. Ich glaube sogar, dass dort Eisenbahnschienen zu sehen waren, als ich schließlich darunter hindurch fuhr.
Mit dem Finger auf der flachen Landkarte hatte ich einen Wegpunkt auf die Außenkante gesetzt. Dafür musste ich aber auf den Berg hoch. Um dann festzustellen: aha, hier hatten sich die reichen Neapolitaner ihre Villen hingestellt. Mit Blick über den Golf auf die Inseln, die Amalfi-Halbinsel und den Vesuv.
Natürlich ging es wieder über kleines Kopfsteinpflaster, auch den Weg abwärts. Es war aber kaum Verkehr vorhanden, sodass ich mir immer den besten Weg suchen konnte. Als ich ganz unten am Meer wieder angekommen war, musste ich erst einmal meine Packtaschen kontrollieren. Und siehe da, der Haken der linken war aus ihrer unteren Position gesprungen.
Um die Kurve herum, und dann lag der Yachthafen mit dem Zentrum vor mir.
Neapel hat mir spontan so gefallen, wie ich es in Madrid erlebt habe. Und die "Gran Via" entspricht hier dem "Corso Umberto I", auch mit aufgemalter Fahrradspur. Die allerdings auch hin und wieder von in 2. Reihe parkenden Autos blockiert ist. Dann fährt man halt auf die linke Spur; kein Hupen oder Drängeln. Die Autos kommen sowieso in den Orten nicht so schnell voran wie Mopeds und Fahrräder. Und bis jetzt habe ich noch keinen Unfall gesehen.
Ohne genauen Plan habe ich aber wohl alle wichtigen Sehenswürdigkeiten für einen Tag in Neapel erwischt; bis auf das unterirdische . Dazu war mir die Sonne zu schade.
Und dann schnell aus der Stadt raus, damit nicht wieder der Großstadt Zuschlag fällig wird. Nur 20 km vom Zentrum entfernt liegt der Übernachtungspreis bei 40 Euro. Auf Kopfsteinpflaster geht's immer geradeaus. Noch lange säumen schöne Häuser die Straße, bis es dann doch ärmlicher wird. Der Vesuv links neben mir hat eine Wolkenmütze auf.
Mein Quartier liegt irgendwo in der Pampa, Gewerbegebiet ohne Infrastruktur. Aber ich hatte ja gut Mittag gegessen. Und La Signora ist noch einmal vorbei gekommen, um mir ihr Feuerzeug für den Gasherd da zu lassen. Damit konnte ich ganz viel Tee kochen, während ich eine Unterkunft für die Amalfiküste suchte.....
An die Amalfiküste bei Vietri sul Mare
Morgens habe ich noch einmal darüber nachgedacht, ob ich nicht den Weg über Positano nehmen soll. Das wären aber 1.700 Höhenmeter. Aber bis ich startklar war, zogen die ersten Wolken rein, und das Kopfsteinpflaster kostete sofort extra Energie.
Ein Ort reihte sich an den anderen. Es gibt immer eine Oberstadt und eine Unterstadt, eine schönere und eine ärmlichere. Mir ist besonders Torre del Greco in Erinnerung geblieben.
Samstag Vormittag war überall richtig Leben. Die Leute waren unterwegs zum Einkaufen und mit Bekannten quatschen, auch 2 Hochzeiten. Mangels Alternative musste ich viel Nationalstraße fahren, also mit im Stau durch die Orte, manchmal genauso schnell wie die Autos.
Dann kam der ganz große Stau, noch dazu in einer Zone mit limitiertem Verkehr: zu den Ruinen von Pompeji. Und auf einmal Unmengen von Menschen und mindestens 100 Busse. Und wie es sich fürs Altertum gehört, extra großes Kopfsteinpflaster. An dessen Ende musste ich erst einmal wieder meine Packtaschen kontrollieren, diesmal war die linke nur noch mit einem Haken und den Gurten zur rechten Tasche am Fahrrad.
Ca. 8 km vor dem Ziel fing es endgültig an zu regnen. Eigentlich hatte ich mir ein schönes Restaurant mit Blick auf das Meer vorgestellt. So rettete ich mich in die nächste Trattoria. Dafür war die aber bestimmt Welten besser als die am Meer.
Danach schien schon langsam wieder die Sonne, es ging kontinuierlich abwärts nach Vietri. Die Stadt ist bekannt für ihre Keramik. Und die Touristen konzentrierten sich alle auf die eine Straße als Fußgängerzone. Nur noch schnell etwas Proviant für mein abgelegenes Domizil in einem kleinen Alimentari gekauft, und dann ging es auf die letzten km auf der Küstenstraße, der Amalfitana. Die ist zwar schmal, aber es waren nicht viele Autos unterwegs.